Was ist das Zwillingstransfusionssyndrom?
Das Zwillingstransfusionssyndrom, auch Fetofetales Transfusionssyndrom (FFTS) genannt, ist ein seltenes Krankheitsbild, dass bei ungefähr einer von 1500 Schwangerschaften auftritt. Es betrifft 15 Prozent aller monochorialen Zwillingspaare. Das sind Zwillingsschwangerschaften bei denen sich die beiden Feten im Mutterleib einen Mutterkuchen (Plazenta) teilen. Zwillingsschwangerschaften, bei denen sich die Kinder einen Mutterkuchen teilen, sind immer eineiig.
Das Problem bei der Erkrankung liegt darin, dass zwischen den beiden Feten Gefäßverbindungen über den gemeinsamen Mutterkuchen bestehen. Wenn der Blutfluss in diesen Gefäßverbindungen ungleichmäßig ist, ist ein Fetus schlechter mit Blut versorgt und der andere erhält zu viel Blut. Dadurch können beide Feten geschädigt werden.
Der Fetus, der sein Blut an den anderen Feten abgibt (Donator genannt) ist schlechter mit Blut versorgt, so dass er nicht richtig wächst und sich schlecht entwickelt. Seine Herzfunktion wird oft schwer gestört. Außerdem sind seine Nieren schlecht durchblutet. Er produziert nicht genug Fruchtwasser. Auch andere Organe können geschädigt werden. Wenn er geboren wird ist er blass und kleiner als sein Zwillingsgeschwisterkind.
Der Fetus, der das Blut vom anderen erhält (Akzeptor genannt), hat Schwierigkeiten das vermehrt aufgenommene Blut zu pumpen. Sein Herz kann schwer belastet werden. Der Herzmuskel vergrößert sich, wodurch die Kreislauffunktion ebenfalls, wenn auch in anderer Weise, gestört werden kann. Er produziert zudem zu viel Fruchtwasser. Dieses kann das Wachstum der Lungen schädigen. Zudem kann ebenfalls die Fruchtblase früher platzen. Wenn der Akzeptor geboren wird ist er dunkel rot, mit Blut „überfüllt“ und größer als sein Zwillingsgeschwisterkind. Auch der Fetus, der das Blut an den Akzeptor abgibt, auch Donator genannt, kann Schäden davon tragen. Häufig verfügt der Donator über kein Fruchtasser (Anhydramnion). Das führt bei trocken liegendem Donator (Stuck twin) zu einer Unterentwicklung der Lungen. Die schlechte Durchblutung des Donatoren kann weiterhin zu einem Sauerstoffmangel und zu Erweiterung der Herzkammern führen.
Beide Feten haben ein hohes Risiko für neurologische Schäden. Wenn das FFTS nicht behandelt wird, liegt das Risiko, dass beide Kinder noch im Mutterleib sterben bei ungefähr neunzig Prozent.
Es gibt verschiedene Methoden, mit denen man das FFTS behandeln kann. Mittlerweile hat sich die Laserbehandlung durchgesetzt. Dabei wird in einer lokalen Betäubung in die Gebärmutter der betroffenen Schwangeren über zwei kleine Schnitte, eine Kamera und ein Laser eingeführt. Mit diesem Laser können nun die Gefäßverbindungen innerhalb des Mutterkuchens verödet werden, die die ungleichmäßigen Blutflüsse verursachen. Es ist nicht einfach, die richtigen Gefäße zu finden. Durch das Einführen der Geräte in die Fruchthöhle besteht das Risiko einer Infektion oder die Gefahr eines Risses der Fruchthöhle. Beides kann zur Frühgeburt führen. Dieses Risiko ist jedoch verglichen mit den Risiken das FFTS unbehandelt zu lassen sehr gering.
Kommen Kinder mit FFTS als Frühgeborene vor allem vor der 33. Schwangerschaftswoche zur Welt können Lungenprobleme und Probleme mit dem Herzkreislaufsystem auftreten, die sehr engmaschig kontrolliert und intensiv behandelt werden müssen, damit keine Schäden an anderen Organsystemen, wie dem Darm oder dem Gehirn, entstehen.
Das Perinatalzentrum der Universität Bonn hat sich auf die Behandlung dieses seltenen Krankheitsbildes spezialisiert. Es gelingt durch die Laserbehandlung ungefähr 70% aller Kinder, die an einem FFTS leiden, zu retten und zur Geburt zu bringen.
Die Ärzte und Pflegenden der neonatologischen Abteilung sind in hohem Maße in der Behandlung dieses komplizierten Krankheitsbildes geschult. Die Abteilung verfügt über alle notwenigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die sehr unterschiedlich zu behandelnden Zwillinge optimal zu versorgen.
Gerade bei seltenen Krankheitsbildern dieser Art ist Erfahrung der wahrscheinlich wesentlichste Vorteil.